Alternsgerechte Arbeitswelt
Medizin und Gesundheit
Gesund arbeiten – Von 15 bis 65
Den Arbeitsmedizinern und den Firmen wird wohl nicht so schnell langweilig. Eine der großen Herausforderungen für die Wirtschaft besteht darin, die Arbeitswelt gesund zu gestalten. Dies gilt natürlich für alle Altersgruppen. Besonders sensibel ist jedoch die Gruppe der älteren Mitarbeiter – altersgerechtes Arbeiten lautet hier das Schlagwort.
Steigender Druck auf Arbeitnehmer
Die Arbeitswelt war in den letzten Jahrzehnten gravierenden Änderungen unterworfen. Zu den bedeutendsten gehörten fortschreitende Technisierung und Digitalisierung. Diese hatten zur Folge, dass viele körperlich extrem anstrengende Arbeiten nun von Maschinen erledigt werden können, und viele weitere von Computern.
Die Arbeit ist zwar insgesamt körperlich einfacher geworden, aber der Ablauf der Arbeitsprozesse wurde über die Jahre komprimiert und beschleunigt, um die Produktivität zu steigern. Damit erhöht sich der Druck auf die Arbeitnehmer gewaltig.
Immer mehr psychische Erkrankungen
Burnout und Mobbing am Arbeitsplatz sind seit Jahren Dauerbrenner. Dementsprechend führen die (immer häufiger werdenden) psychischen Erkrankungen zusammen mit Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems die Liste der Ursachen für krankheitsbedingte Frühpensionierungen an. Die positive Nachricht: Seit dem 1. Juli 2017 können länger erkrankte Menschen mit dem Arbeitgeber eine Wiedereingliederungsteilzeit vereinbaren.
War es noch von etwa 30 Jahren Usus, ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in großem Stil in Frühpension zu schicken, ist das heute schon aufgrund der demografischen Entwicklung nicht mehr möglich. So sind derzeit in Österreich über eine Million unselbstständige Erwerbstätige älter als 50 Jahre.
„Innere Pensionierung“
Doch viele Unternehmen haben diese Entwicklung regelrecht verschlafen. Noch immer sind vielerorts Betriebe auf junge Menschen zugeschnitten. So werden oftmals Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 50 Jahre nicht mehr zu Fortbildungen zugelassen, oder sie sind in ihren Aufgaben schlicht unterfordert. Sinnentleerung, „innere Pensionierung“ und letztendlich Krankheiten sind die Folge.
Im Alter mehr Kompetenz, Empathie und Loyalität
Dabei steckt in älteren Menschen viel Potenzial. Natürlich erfolgt ein körperlicher Abbau – der übrigens schon mit 25 beginnt. Kognitiv-psychisch bleibt der ältere Mensch gleich. Aber Fähigkeiten wie Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein, Empathiefähigkeit, Loyalität und Durchhaltewillen steigen mit zunehmendem Alter an. Hier sind die Unternehmen gefordert, die Arbeitswelt den Bedürfnissen und Anforderungen älterer Menschen anzupassen.
Flexiblere Arbeitszeiten und anspruchsvolle Aufgaben
Hauptansatzpunkte dafür seien eine Verkürzung der Arbeitszeit, sowohl der täglichen als auch der wöchentlichen, wie der Arbeitsmediziner Rudolf Karazman meint. Arbeitszeiten müssen flexibler gestaltet werden, insbesondere die Schichtarbeit. Die Altersteilzeit sollte ausgebaut werden. Und vor allem brauchen ältere Menschen anspruchsvolle Aufgaben, dafür weniger Druck, und keine betrieblichen Barrieren.
Betriebe mit Gütesiegel
Zahlreiche Projekte, wie beispielsweise „fit2work“ oder „Demografieberatung“, aber auch spezialisierte Unternehmen unterstützen Betriebe in ihren Bestrebungen, altersgerechtes Arbeiten für alle Altersgruppen zu ermöglichen. Viele Firmen haben dieses Ziel bereits erreicht und dafür das Gütesiegel „Nestor“ des BM für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz erhalten.
Altersgerechte Arbeit erhält Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund. Die erhöhte Wertschätzung kommt letztendlich allen zugute.
Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.
Arbeiten Sie in einem alternsgerechten Umfeld?
Sind Sie mit Ihrem Arbeitsumfeld zufrieden?
Wurden Sie an Ihrem Arbeitsplatz jemals aufgrund Ihres höheren Alters benachteiligt?
Welche Veränderungen würden Sie sich von der Unternehmensseite her wünschen?
Unter welchen Umständen würden Sie über das Regelpensionsalter hinaus arbeiten wollen?
Text: Michaela Steiner
Gestaltung: Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger
Prof. Dr. Rudolf Karazman
FA für Psychiatrie und Neurologie, Arzt für Arbeitsmedizin, Psychotherapeut,
Gründer des Beratungsunternehmens „Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement GmbH“
Mag.a Maria Kaun
Referentin für Arbeitsmarkt
Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit
Wirtschaftskammer Österreich
Dr.in Irene Kloimüller, MBA
Psychotherapeutin, Unternehmens- und Organisationsberaterin
Wert:Arbeit
arbeit&alter
Demografieberatung für Beschäftigte und Betriebe
Arbeiterkammer
AMS – Impulsberatung für Betriebe
fit2work für Personen und Betriebe
Wiedereingliederungsteilzeit
Berufliche Rehabilitation (inklusive Antrag)
gesunde arbeit (Bundesarbeitskammer, ÖGB)
netdoktor.at: Alternsgerechtes Arbeiten
derstandard.at: Arbeitsmarkt: Was für Ältere getan wird
w24: Arbeitszeit: Mediziner warnen vor Folgen der Ausweitung
Cornelia Schneider, „Reife Leistung – Erfolgreich älter werden im Beruf“, Verlag Herder 2014
Hans-Georg Wilmann, „Durchstarten mit 50 plus: Wie Sie Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nutzen“, Campus Verlag 2018
Claudia Andersch, „Gesund im Job – Krankheitseinflüsse in einer sich wandelnden Berufswelt“, Bachelor & Master Publishing 2018