Arbeitsmedizin ohne Arbeitsmediziner?

Mangel an Arbeitsmedizinern bringt Unternehmen in die Zwickmühle

Oberösterreich ist als Industriebundesland besonders vom Mangel betroffen. Unternehmen im Zwiespalt zwischen Gesetz und Ärztemangel.

Allein im Industrie-Bundesland Oberösterreich könnte man sofort „20 oder mehr Arbeitsmediziner einstellen“, sagt Gerhard Klicka im Gespräch mit den OÖNachrichten. Er ist Geschäftsführer bei Österreichs größtem Dienstleister des Betrieblichen Gesundheitsmanagements IBG, der 570 Betriebe und 55.000 Arbeitnehmer betreut. IBG sucht händeringend wie die anderen Anbieter nach Arbeitsmedizinern – meist vergeblich. „Der Teich ist leer gefischt.“ Den akuten Mangel an Nachwuchs in diesem Bereich bestätigt auch der Präsident der oö. Ärztekammer, Peter Niedermoser. „Aufgrund des allgemeinen Ärztemangels herrscht hier ein Verdrängungswettbewerb.“

„Wir müssen Unternehmen kündigen, weil wir sie aus Personalmangel nicht mehr arbeitsmedizinisch betreuen können“, warnt Klicka vor einem gravierenden Versorgungsproblem. Die Unternehmen selbst sind einigermaßen in der Zwickmühle. Sie sind aufgrund des ArbeitnehmerInnenschutz-Gesetzes verpflichtet, entweder (ab 50 Mitarbeiter) Arbeitsmediziner ins Unternehmen zu holen oder die Dienstleistung bei der AUVA zu beziehen. Derzeit müssen Unternehmen de facto keine Konsequenzen fürchten, solange sie nachweisen können, sich tatsächlich um einen Arbeitsmediziner bemüht zu haben, bestätigt auch das Bundes-Arbeitsinspektorat in Wien. „Wir wählen da eine sehr pragmatische Vorgangsweise.“

Dilemma Gesetz – Praxis

Das Dilemma zwischen gesetzlicher Vorschrift und gelebter Praxis werde von Kammern und Ministerien schlicht negiert, klagt Klicka. „Aber wir kämpfen tagtäglich damit.“ Er fürchtet aufgrund des Mangels an Arbeitsmedizinern steigende Preise für diese. Er erwartet, dass es für die Betriebe „massiv teurer“ wird.

Um junge Arbeitsmediziner zu gewinnen, geht IBG neue Wege: Die Organisation versucht mit dem Lockmittel von familienfreundlichen Arbeitszeiten und modernen Aufgaben wie Prävention, Turnusärzte abzuwerben und ihnen gegen eine dreijährige Verpflichtung die Ausbildungskosten zur Arbeitsmedizin zu bezahlen.

AutorInnen

Ulrike Rubasch, OÖ Nachrichten